Winden
Drohnenaufnahme von Winden vom 14. August 2021, Foto: Alfi Bissegger
Winden ist mit 357 Einwohnern das kleinste der vier Dörfer im Egnach. Es grenzt unmittelbar an den Kanton St.Gallen. Deshalb war dort über Jahrzehnte ein Zollposten, wo man das Weggeld für Benützung der Strasse bezahlen musste. Für das Egnach war es eine willkommene Einnahmequelle zur Erhaltung der Gemeindestrassen. Erst nach der Gründung des Bundesstaates wurden die 370 Binnenzölle in der Schweiz abgeschafft und damit der Handel sehr erleichtert.
Geschichte
Bahnbau und archäologische Sensation

1910 wurde die Bodensee-Toggenburg Bahn erbaut als Anschluss der Ostschweiz an die Gotthardlinie. Sie bescherte den Egnachern drei neue Bahnstationen. Zum Bau des Trasses wurde ein riesiger Dampfbagger, genannt „Kohlenfresser“, eingesetzt, der in Einzelteilen auf Fuhrwerken angeliefert und am Einsatzort zusammengebaut wurde. Er frass sich einen Durchstich durchs Winder Holz Richtung Freidorf. Im Zusammenhang mit der Linienführung der Bahn wurde bei der Planung 1897 ein zehn Meter grosser Rundhügel im Wald entdeckt. Zwei Männer legten mit Pickel und Schaufel in drei Tagen eine überdachte Grabkammer frei. Man berief den Archäologen Professor Heierli, und dieser erklärte, dass es sich um ein Hallstattgrab aus der frühen Eisenzeit handelt. Leider wurden nebst ein paar Knochen und einer Stele nichts gefunden.
Umstrittener Stationsname

Das Dörflein hiess bis 1910 Kügeliswinden, offenbar nach einem Kügelin, der hier im 16. Jh. gelebt hatte. Als die Bahn fertig war, entbrannte ein hitziger Streit um den Stationsnamen. Für die Dörfler stand ihr Name fest, aber die st.gallischen Erbauer der Bahn setzten den Namen des 2 km entfernten Dorfes Häggenswil ein und bauten eigens dafür eine Zufahrtsstrasse zum Dorf. Die Kügeliswinder mussten über eine Wiese zur Bahnstation gelangen und selbst eine Strasse erstellen. Wegen des Namens erklärte man ihnen, dass der Name „Häggenswil-Kügeliswinden“ als Stationsname viel zu lange sei. So stimmten die Bürger ab, den ersten Teil ihres Namens zu streichen und gelangten an den Bundesrat mit der Bitte, den neuen Namen „Winden“ zu legitimieren, was auch geschah. Aber auch jetzt war die Bahn nicht bereit, den Ortsnamen aufzunehmen, und es dauerte noch 22 Jahre, bis der neue Stationsname „Häggenschwil-Winden“ auf die Fassade gemalt wurde.
Eine eigene Poststelle
Weil nun der Zug in Winden anhielt, war der Weg geebnet für die vierte Poststation im Egnach: „9307 Winden“. Das Haus hinter dem Bahndamm trägt heute noch den Namen „alte Post“. Der neuen Poststelle wurden 15 Weiler und Höfe zugeteilt, die bisher von Neukirch bedient worden waren.
Wasser fürs ganze Dorf
Im Dörflein Kügeliswinden kreuzten sich die Wege von Roggwil nach der Konstanzerstrasse Richtung St.Gallen und von Romanshorn in dieselbe bei Lömmenschwil. An dieser Stelle betrieb ein Wilhelm Gerster eine Schenkwirtschaft. Gleich daneben sprudelt heute noch ein grosser Brunnen, der das ganze Dorf mit Wasser versorgte. Damals gab es nur vier fliessende Brunnen in der ganzen Gemeinde, die andern 200 mussten mit einer Pumpe betrieben werden.
Sogar der zweite fliessende Brunnen bringt noch heute frisches Wasser im Unterdorf von Winden, wo die weniger Begüterten wohnten. Die Kügeliswindener gründeten schon 1859 einen Brunnenverein mit einem Brunnenmeister. Daraus wurde 1895 die Brunnenkorporation.
Sie lebt heute fort als Brunnenverein und war berühmt für ihre feucht-fröhlichen Versammlungen, bei denen auch Frauen teilnahmen, und die meistens bis in den frühen Morgen dauerten und dann bei der Linde mit dem Lied „Am Brunnen vor dem Tore“ endeten.
Die alte Linde musste ersetzt werden durch eine neue, die jetzt schon einen stattlichen Anblick bietet.
Das Ende der Petrollampen – elektrischer Strom
Die BT bot den abgelegenen Weilern im Egnach eine riesige Chance, sich wirtschaftlich zu entwickeln, wie es etwa mit dem Dorf Egnach geschehen war. Tatsächlich baute Ulrich Pfründer sofort ein grosses Gasthaus direkt beim Bahnhof. Jacob Kreis kauft südlich der Geleise ein grosses Landstück und baute eine grosse Dampfsägerei auf, wo das Holz bequem per Bahn angeliefert werden konnte. Innovativ, wie er war, wollte er die ganze Anlage elektrifizieren und offerierte sogar den Windenern, ihr Dorf mit Strom zu versorgen, ja, sogar die Strassen zu beleuchten. Als er mit der Lieferung an die Grenzen kam, gründen die Windener 1912 eine eigene Elektrakorporation.
1900 | 1950 | 2000 | 2020 |
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126 | 117 | 325 | 357 |
Rolf Blust auf Gristen
alte Ansichtskarten von Winden
Bilder / Fotos
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Hallstattgrab im Winderholz, um 1910
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alte Landkarte mit gerader Strassenführung, vor 1910
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Landkarte nach dem Bau der Station Häggenschwil-Winden, nach 1910
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Winden mit Brunnen und Linde, um
Literatur
Protokolle Wasserkorporation Winden
Protokolle Gemeinderat Neukirch
Protokolle Elektrakorporation Winden