Steinebrunn

Aus Wiki-Egnach

Kapelle Steinebrunn um

Das Dorf Steinebrunn liegt an der Westgrenze der Gemeinde Egnach und ist durchzogen von der Landstrasse Arbon-Amriswil. Es war um 1750 mit 144 Einwohnern das grösste Dorf der Gemeinde, ist aber im 19. Jahrhundert von Neukirch und Egnach überholt worden.

Geschichte

Name

Brunnen in Steinebrunn, 2014

Der Dorfname erscheint 1302  erstmals als „Steinbrunnen“. Zu jener Zeit soll ein Ritter Heinrich de Steiniebrunnin existiert haben, von dem aber bis heute keine Burg gefunden wurde. Zu Ehren des Namens erstellten die Bürger 1973 an der Abzweigung nach Almensberg einen steinernen Brunnen, der 2014 durch einen neuen ersetzt wurde.

Religion

Auffallend ist die wunderschöne Häusergruppe mit der Galluskapelle an der Landstrasse. Sie geht zurück auf das 13. Jahrhundert, doch das ist gerade alles, was wir darüber wissen. Allerdings ist es nahe liegend, dass bei einer Kapelle auch eine Siedlung bestand.

In der Reformationszeit wanderten alle Katholiken bis auf fünf Familien aus, und die Kapelle wurde geschlossen. Erst mit der Wiedereröffnung und Einführung der Messe 1674  siedelten sich wieder Katholiken an, und das Dorf wuchs heran zur grössten Siedlung im Egnach. Sogar eine eigene Schule wurde für den Prediger neben der Kapelle erbaut. Später wurde sie ins Unterdorf verlegt. Um 1900 begannen die ersten Gespräche über den Bau einer eigenen Kirche. Wie die Evangelischen wollte man sich endgültig von Arbon lösen. Damit begann aber ein zwanzigjähriger Streit um den Bauplatz, und die Katholiken trennten sich in eine Ost- und Westpartei. Die Westpartei wollte die Kirche im Dorf (Firma Heeb), und die Ostpartei auf dem Winzelnberg, 600 Meter entfernt. Der Streit eskalierte, man redete nicht mehr miteinander, sondern boykottierte und verleumdete sich gegenseitig. Mehrere unbequeme Pfarrer wurden weggeekelt. Doch 1922 geschah das Wunder: man einigte sich auf den Winzelnberg und erbaute mit Bundessubventionen die Kirche, welche heute an der schönsten Stelle steht und weitum sichtbar ist.

Das Unterdorf

Luftaufnahme Unterdorf Steinebrunn, 2009

Das eigentliche Dorf Steinebrunn liegt an einer ringförmigen Strasse, dem so genannten Unterdorf nördlich der Kapelle. Es ist eine kompakte Siedlung ohne Baulücken und weist eine ganze Reihe der schönsten Riegelhäuser der Gemeinde auf. Hier lebten die Bauern zusammen mit den damaligen Gewerblern wie Schmied, Wagner, Sattler, Schreiner, Schneider und Bäcker. Natürlich bestand auch eine Wirtschaft, das „Rössli“ direkt neben der Kapelle.

Aufbruch in die Neuzeit

Die gewaltigen Umwälzungen des 19. Jahrhunderts machten auch nicht Halt vor Steinebrunn. Um 1810  baute der Kanton eine schnurgerade Landstrasse direkt nach Amwiswil, welche den bisherigen alten Weg über Almensberg nach Hemmerswil überflüssig machte. Gegen Osten führte die Strasse erst über den Winzelnberg nach Neukirch und dann geradlinig nach Arbon. Entlang dieser Strasse entstand im Laufe der Zeit das heutige Dorf Steinebrunn. Die alte Käserei im Unterdorf wurde ersetzt durch eine grosse, moderne, die viele Jahrzehnte von der Familie Wüthrich geführt wurde. Der Bau der Bodensee-Toggenburg Bahn 1910 sorgte für einen starken Entwicklungsschub. Zum Bahnhof musste eine Strasse erbaut werden; es ist gleichzeitig die Verbindung nach Olmishausen. Ferdinand Neef-Hungerbühler erbaute dort 1917 eine grosse Konserven- und Liqueurfabrik. Nach einem unrühmlichen Ende richtete die Obstverwertungsgesellschaft Egnach grosse Tankanlagen ein. Heute dient sie nebst anderen Betrieben der Firma Kauderer, welche die Öpfelringli herstellt. Auch eine grosse Schifflistickerei wurde von Bickel & Benz aufgebaut, wo grosse Saurer Pantographen die Stoffe bestickte und bis zu 80 Personen beschäftigte. Danebst verdienten neun Heimsticker ihr tägliches Brot. An der Abzweigung nach Almensberg führte Albert Sager einen grossen Krämerladen, wo er Zigarren und Tabak, Kolonialwaren, Getränke und Kunstdünger verkaufte. Er hatte einen eigenen Lieferdienst mit seinem Pferdefuhrwerk. Bekannt als Hauptmann Sager wurde er Kantonsrat und war Präsident von verschiedenen Körperschaften. Er hinterliess insgesamt 19 Kinder von zwei Frauen.

Gewerbebetriebe der neueren Zeit

  • Firma Radix im Sonnental, gegründet für die Herstellung von chemischen und pharmazeutischen Produkten.
  • Aggeler, Hebemaschinen
  • Tellini, Spritzwerk
  • Werner HEEB AG, Metallbearbeitung
  • Tankstelle Nussberger
  • Käserei Wüthrich und Alibona AG
  • Beerenproduzent Müller
  • Kompaflex und Signal AG in Sulzwiese

Am westlichen Dorfende haben sich zwischen Amriswiler- und Almensbergerstrasse mehrere Gewerbebetriebe angesiedelt.

Heim Adullam, 1931

Eine soziale Einrichtung war das Haus Adullam, ein Leichtpflegeheim mit 23 Plätzen, das beinahe zu einem Altersheim geworden wäre. Aber es scheiterte an der Finanzierung, und so wurde das Projekt Altersheim in Neukirch ins Leben gerufen.

Wirtschaften

An der Arbonerstrasse entstand 1904 die Metzgerei und Wirtschaft zum „grünen Baum“ und weiter schräg gegenüber das Café Conditorei Falk. Gegen das Ortsende Richtung Amriswil war die Schenkwirtschaft „Rosengarten“. Von all diesen Wirtschaften ist keine übrig geblieben, aber in der ehemaligen Käserei im Unterdorf lädt die Wirtschaft „zum Dornhof“ die Gäste ein, ebenso das Restaurant „Circle 1“ bei der Tennishalle.

Schulen

Steinebrunn ist der einzige Ort, der eine katholische Schule führte. Sie wurde im Haus neben der Kapelle eingerichtet, und der Benefiziat (Prediger) war zugleich Lehrer. Später wurde die Schule ins Unterdorf (ehemals Helfenstein) verschoben. 1893 wurde sie aufgehoben, als auf Druck des Kantons im Dorf an der Hauptstrasse das neue Schulhaus im Biedermeierstil eingeweiht und fortan evangelische und katholische Kinder im gleichen Schulzimmer unterrichtet wurden. Man wählte diesen Standort für den Bau, weil damals Aussicht auf eine Strassenbahn von Amriswil über Neukirch nach St.Gallen bestand, die aber nie realisiert wurde. Zur heutigen Schulanlage wurde 1983 ein Kindergarten und bald darauf  eine Turnhalle hinzugefügt.  

Öffentliche Einrichtungen

Um die Jahrhundertwende war die Versorgung mit Trinkwasser eine Herausforderung für alle Gemeinden. Der tägliche Gang zum Dorfbrunnen sollte beendet sein und jedermann in seinem Haushalt mit fliessend Wasser versorgt werden. 1899 taten sich die Steinebrunner zusammen zur Gründung einer Wasserkorporation. Anfängliche Bemühungen, bei Neukirch oder Muolen mitzumachen scheiterten. Allein gelassen, wollte man eine Förderpumpe mit Windradantrieb aufstellen. Die Lösung war dann ein Reservoir im Waldstück Rechberg von wo das Wasser in die Häuser floss. Die Versorgung mit elektrischem Strom war bald eine neue Dringlichkeit. Die Schifflisticker Bickel & Benz wollten mit Saurermaschinen eine Fabrik aufbauen und brauchten dafür elektrischen Strom. Das machte Druck, und 1912 gründeten die Steinebrunner eine Korporation. Am 31. August gingen im ganzen Dorf die neuen Lichter an.

Post

Zum Grünen Baum Steinebrunn, um

Während Neukirch und Egnach bereits ihre Poststellen betrieben, war es in Steinebrunn 1893 der Dorfschullehrer, der die Post verteilte, welche mit Boten von Neukirch und Egnach angeliefert wurde. 1895 übernahm Sager die Postablagestelle 3. Klasse und baute dafür seinen Krämerladen um. Die erste Telefonstation wurde 1904 im „grünen Baum“ eingerichtet.

Einwohnerzahlen Steinebrunn
1900 1950 2000 2020
260 291 508 652

Rolf Blust auf Gristen

alte Ansichtskarten von Steinebrunn

Postkartensammlung

Bilder / Fotos

Literatur

Obervogt Würz a Rudenz 1787: Aufzeichnungen über das Gericht Egnach

Pfarrer Züllig 1878: Historische Skizzen über die Pfarrkirche in Arbon

Thurgauer Urkundenbuch, Band IV

A.Oberholzer: Geschichte der Stadt Arbon

Bernhard Wartmann: Vom Heiliggeist-Spital zum Bürgerspital

Familiendossier Sager, Kirchenarchiv Neukirch

Rolf Blust: 150 Jahre Pfarrei Steinebrunn, 100 Jahre Kirchenbau auf Winzelnberg, 2022


Einzelnachweis

[Diese Seite als kontrolliert markieren]