Neukirch darf als Verwaltungssitz, dem Oberstufenzentrum und dem Standort der evangelischen Kirche zu Recht als Hauptort der Gemeinde Egnach bezeichnet werden. Mit zwei Banken, einer Arztpraxis, Metzgerei, Bäckerei und Volg sowie zahlreichen Gewerbebetrieben wird dieser Anspruch noch untermauert.
Im Jahre 1700 war von all dem nichts zu erahnen. Eine Bäckerei mit Schenkwirtschaft an einer Kreuzung, sonst nichts! Das heutige Dorf ab Kreuzung nach Westen trug den Namen Mosershaus (oder Scherlenhof) und gehörte dem Heiliggeistspital St.Gallen. Im Umfeld des Berliatblocks scharten sich ein paar Häuser, genannt Siffertshaus, und am nördlichen Ortsende war der Grosshof Werd, wo mehrere Bauernfamilien die Felder bewirtschafteten. Die ersten beiden Namen sind heute verschwunden, der Name Werd aber ist mit der 2022 entstanden Überbauung Werdhof wieder auferstanden.
Initialzündung – der Kirchenbau
Bauplatz Kirche, 1727
1727 rückte die Strassenkreuzung ins Rampenlicht der Bevölkerung. Es galt, eine evangelische Kirche an bester Lage zu bauen. Favoriten waren diese Kreuzung, der Weiler Stocken oder Ringenzeichen. Der Platz an der Kreuzung wurde ausgewählt; er liegt genau in der Mitte der Gemeinde und war für alle Kirchgänger bestens zugänglich. Die Kirche war aber auch Versammlungsraum der Gemeinde, und der Platz wurde zusehends interessant für Wirtschaften und Gewerbe wie Wagner, Hufschmied und Sattler. Nur der Ortsname fehlte. Die offizielle Adresse lautete 70 Jahre lang „bey der neuen Kirch“. Erst Lehrer Abraham Kreis verwendete um 1800 stur den Namen „Neukirch“, der sich dann allmählich durchsetzte. Grossen Aufschwung erlebte die ehemalige Bäckerei. Ulrich Stacher liess sie abreissen und das heutige Gebäude (Traube) mit grossen Stallungen für den zunehmenden Verkehr aufbauen. Als 1843 Neukirch als erste Poststelle im Egnach eröffnet wurde, hielten hier regelmässig die Postkutschen. Aber auch das Schulwesen entwickelte sich. 1773 öffnete die erste Schule im Dorf, und auch die Sekundarschule wurde hier 1854 eröffnet.
Wirtschaftsaufschwung durch Verkehr
Der Bau von Eisenbahnen brachte einen allgemeinen wirtschaftlichen Schub. So entstand im Norden das Dorf Egnach praktisch aus einer Handvoll Häusern durch den Bau der Nordostbahn 1869 von Romanshorn nach Arbon. Der zweite Bahnbau 1910 sollte eigentlich auch Neukirch weiter bringen, doch die Station weit nördlich des Dorfes brachte eine allgemeine Enttäuschung. Neukirch drohte, von Egnach überholt zu werden.
Gewerbe im Überfluss
Um 1900 deckte das Gewerbe im Dorf praktisch alle Bedürfnisse der Bevölkerung ab, und es herrschte gar keine Freude an den Bahnen und Bussen, welche jetzt die Bürger zu den umliegenden Städten zum Einkauf verlockte. Mehr als 27 verschiedene Branchen boten nebst den Lebensmittelgeschäften ihre Dienste an, und 14 Wirtschaften standen Hungrigen und Durstigen zu Verfügung.
Entwicklung im 20. Jahrhundert
1894 wir die Brunnen-Corporation Neukirch gegründet. Nach vielen Schwierigkeiten ermöglicht sie jedem Hauhalt, fliessendes Wasser zu beziehen.
1912 eröffnet David Kugler auf Gristen 2 die erste Ablage der Darlehenskasse, späterer Raiffeisenbank. 1922 zog sie ins neu erbaute Gemeindehaus.
1913 gründet die Ortsbeleuchtungskorporation eine elektrische Stromversorgung. Bald wird es hell in den Stuben, und die Elektromotoren werden die Pferdekraft verdrängen.
1910 Vor dem ersten Weltkrieg ist Neukirch ein Stickerdorf und St.Gallen das New York der Stickerei. Erst der Krieg bringt die Branche zum Erliegen.
1922 Der Bau eines Gemeindehauses zementiert den Anspruch von Neukirch als Hauptort. Auch die Post wird in dieses Gebäude integriert.
1928 erhalten 11,5 km Staatsstrassen einen Betonbelag. Egnach hat weit und breit die schönsten Strassen. Alle Steigungen werden ausgeglichen. 1947 beginnt man, alle Strassen der Gemeinde zu teeren.
1933 wird ein Viehmarkt eröffnet am ersten Dienstag im November. 1834 stehen 70 Stände für Krämer und Handwerker, und 120 Stück Vieh wurden gezählt. Nach 22 Jahren rentiert der Markt nicht mehr und wird aufgegeben.
Durch das Bevölkerungswachstum sind die Schulhäuser immer wieder zu klein. So baut Neukirch von 1816, 1841, 1879, 1927 bis 1994 jeweils ein neues Primarschulhaus.
Als das Thema Oberstufenschule aktuell wird, öffnet 1854 die erste Sekundarschule in Neukirch ihre Tore. 1958 wird eine Abschlussklassenschule gebaut. 1911 wird auf dem Gristenbühl das neue Sekundarschulhaus eingeweiht. Das heutige Oberstufenzentrum im Dorf wird 20…. gebaut.
Turnhalle Neukirch, 1929Ein grosses Problem über Jahrzehnte war die Frage nach einem Versammlungssaal für Gemeinde und Vereine. Es existierten drei Säle, in der Scheune beim Rössli, beim Löwen und in der Traube. Aber alle waren zu klein. Und so dauerte es bis 1984, als das grosse Rietzelgzentrum gebaut werden konnte, das zu einem beliebten Ort geworden ist, wo man sich für alle Anlässe trifft, und das zudem als Turnhalle den Schulen dient. 2023 wird die alte Turnhalle von 1926 als neues kulturelles Versammlungszentrum eröffnet.