Käsereien
Fotocollage Rolf Blust
Etwa bis 1800 veränderte sich die Thurgauer Landwirtschaft kaum über Jahrhunderte. Dann gelang der Durchbruch der Kartoffel, der die grossen Hungersnöte entschärfte. Bis dahin lebten die Bauern nur vom Getreidebau und pflanzten Flachs für die heimische Weberei an. Hauptnahrung war das Hafermus. Den Milchbedarf einer Familie deckte eine Kuh im Stall. Für eine Winterfütterung war auch kein Heu vorhanden, da nur wenige Wiesen zu Verfügung standen.
Käsereien im Egnach
Dann erfolgte eine massive Einwanderung von Berner Bauern in den 1840-er Jahren. Aufgrund eines neuen Erbrechts bekam dort der Jüngste den ganzen Hof; alle anderen gingen leer aus. Das führte zu einer grossen Auswanderungswelle – auch in den Thurgau. Dort standen nämlich viele Höfe billig zum Verkauf, was die Berner anlockte. Diese brachten jedoch eine grosse Neuigkeit mit: die Verarbeitung von Milch zu Käse, was bisher völlig unbekannt war. Man hatte den Käse immer aus dem Appenzellerland gekauft.
Die Bauern witterten die grosse Chance, brachte doch die Eisenbahn immer mehr billiges Getreide aus der Ukraine in die Schweiz und der Anbau rentierte sich immer weniger.
So wurde in Jahrzehnten die Landwirtschaft im Thurgau völlig umgekrempelt. Aus Äckern wurden immer mehr Wiesen, diese erlaubten mehr Kühe, und die grösseren Heuernten erlaubten eine Winterfütterung, was allerdings grössere Scheunen benötigte. So brachte der Bauer die Milch in die „Sennhütte“, wo der Berner Käser daraus Emmentaler herstellte. Erstmals erhielt der Bauer nun einen geregelten Lohn. 1843 nahm die erste Käserei des Thurgaus in Hauptwil ihren Betrieb auf. Innerhalb des Egnachs taten sich jeweils ein paar Bauern zusammen und gründeten eine Sennereigesellschaft, stellten die Gebäude inklusive Schweineställe zu Verfügung und stellten einen Käser an. Im Sommer produzierte dieser Emmentaler, im Winter wurde die Milch abgerahmt und Halbfettkäse unter dem Namen Greyerzer produziert. Der meiste Käse wurde exportiert.
Im Egnach verarbeiteten insgesamt 12 Betriebe die Milch zu Käse.
Der Käsehandel war bis ins Jahr 2000 in Händen der Käseunion, und der Bundesrat legte die Preise fest. Das Ganze war subventioniert, was für die Produzenten sehr günstig war, bestand doch für sie kein Absatzrisiko. Dann wurde das Käsegeschäft liberalisiert, die Subventionen gestrichen, und die Produzenten mussten sich selber um den Absatz kümmern. Viele Käsereien überlebten dies nicht, und die Emmi kaufte den verbliebenen noch 50% des Käses ab. Im Egnach verschwanden alle Käsereien bis auf die Käserei Wüthrich in Steinebrunn.
Die Sennhüttengesellschaft Langgreut 1860
1860 verkauft Johann Bär sein Wohnhaus an die Sennhüttengesellschaft Langgreut. Dort wird Käse produziert, bis in Erdhausen ein neuer Betrieb eröffnet wird.
Die Käsereigenossenschaft Erdhausen 1905

16 Bauern um Erdhausen gründen 1905 die Käsereigenossenschaft. Sie produzieren Emmentaler der Bauern aus Langgreut und Wilen. 1963 schafft Peter Tschumi täglich zwei Emmentaler.
Die Käserei Steinebrunn 1864
1864 ist Johannes Gerber selbständiger Senn im Unterdorf (heute Dornhof). 1866 Gründung der Sennhüttengesellschaft Steinebrunn. 1898 entsteht die Käsereigenossenschaft, und ein Neubau ausserhalb des Unterdorfes (Geruchsemissionen der Schweine) wird beschlossen. 1911 produziert Friedrich Wüthrich vier Emmentaler pro Tag. 1964 kauft Erwin Wüthrich die Käserei. Tagesmenge 6’000kg Milch. 2003 wird die Alibona AG als Handelsunternehmen gegründet. Sie errichtet gegenüber der Käserei Steinebrunn ein grosses Käsereifungslager.
Käsereigesellschaft Olmishausen 1892

In der „Eintracht“ wird 1892 von 7 Bauern die Käsereigesellschaft gegründet. Sie kaufen das alte Schulhaus als Betriebsgebäude. Bevor sie jedoch den Betrieb aufnehmen können, müssen sie viele Zufahrtswege sanieren, damit die Bauern überhaupt zur Käserei gelangen. Letzter Käser ist Simon Wolf.
Käsereigenossenschaft Neugristen 1860
Im Jahre 1860 kauft Josef Fässler, Senn von Steinen SZ die Liegenschaft von Tierarzt Conrad Schär und richtet eine Käserei ein. 1908 kommt es zum Neubau. Viele Streitereien belasten den Betrieb. 1972 übernimmt Hans Gehriger den Betrieb und verarbeitet die Milch von 14 Lieferanten zu je drei Emmentalern. Er füttert 550 Mastschweine.
Käsereigesellschaft Ebnet 1884
1884 tun sich 8 Milchlieferanten zusammen zu einer Milchverwertungsgesellschaft. Sie haben Mühe, genug Milch zu bekommen für einen rentablen Betrieb.1887 bauen sie eine neue Käserei mit Schweinestallungen auf. 1906 stellen sie den ganzen Betrieb auf Elektrizität um. 1933 übernimmt Max Deutsch die Käserei. 1957 erstellt die Gesellschaft einen Neubau direkt neben der bestehenden, allerdings jetzt auf Egnacher Gemeindegebiet. 1972 führt Hansjörg Deutsch die Käserei von seinem Vater weiter. Er hat 20 Lieferanten.
Käsereigesellschaft Baumannshaus 1860

Benedikt Dörig ist 1860 erster Käser in Baumannshaus. Als 1898 die Kondensmilchfabrik Egnach den Bauern von Baumannshaus und Betenwil kündigt, gründen die Bauern eine Milchverwertungs Gesellschaft. Sie erstellen einen Neubau. 1968 beginnt Fritz Muralt seine Tätigkeit als erfahrener Emmentaler Produzent. Er füttert 300 Mastschweine.
Käserei Lengwil 1850
Der ehemalige Seifensieder Martin Enderlin richtet 1850 eine Käserei ein. 1901 schliessen sich die umliegenden Bauern zusammen und gründen Käsereigesellschaft Lengwil. Sie kaufen die Käserei, aber Enderlin führt den Betrieb. Ab 1974 wird kein Käse mehr produziert, die Milch wird nach Sulgen an die Milchpulverfabrik geliefert. Danach holt die Firma Fuchs aus Rorschach die Milch ab.
Die Käserei Egnach 1850-er
Einige Bauern von Egnach schliessen sich in den 1850-er Jahren zu einer Sennhüttengesellschaft zusammen. Der Betrieb geht aber 1920 ein. 1929 baut der Käser Alfred Uetz in der Nähe der alten Sennhütte eine Emmentaler Käserei, obwohl er kaum genug Lieferanten hat. Dann liefern die Bauern von Buch und Holz ihre Milch ebenfalls, statt sie wie jeher per Zug nach St.Gallen zu schicken. Die 40 Lieferanten bringen 800'000 Kilo Milch pro Jahr. Produziert wird Emmentaler und Tilsiter. 1974 wird der Betrieb modernisiert und ein Käsekeller eingebaut. Pro Tag werden von Alfred Uetz sechs Emmentaler produziert.
Käsereigenossenschaft Klösterli 1887

Im Jahre 1887 beschliessen vier Bauern der Sennhüttengesellschaft Klösterli, die alte Käserei und die Stallungen auszubauen. 1901 gründen 32 Milchlieferanten die Käsereigesellschaft Klösterli als Nachfolgerin. 1903 wird die Milch an Ferdinand Fuchs in Rorschach verkauft. 1957 ist ein Neubau fällig. Rationalisierung und Herstellung von Kaffeerahm.
Käserei Neukirch 1870

Der ehrgeizige Traubenwirt Jean Fischer baut 1870 hinter dem Hotel eine eigene, private Käserei und vergibt sie in Pacht. Er selbst holt die Milch von den Lieferanten vom Hof ab. 1924 stirbt Fischer, und es folgt eine längere Misswirtschaft. 1965 kauft die Milchpulverfabrik Sulgen den Betrieb. Das bedeutet das Ende der Käseproduktion. 1976 sind nur noch 6 Lieferanten.
Milchsiederei Alpina 1872
Nach dem Vorbild der Kondensmilchfabrik in Cham gründen im Jahre 1872 die 101 Aktionäre eine Milchkondensationsfabrik in Egnach. Pro Monat sollen 100’000kg Milch eingesotten werden. Ein katastrophales Missmanagement führt aber schon 1875 zum Konkurs und zur Stilllegung. 1888 übernimmt die Anglo-Swiss-Condensed Milch Co. Aus Cham den Betrieb. Später wird sie „Nestlé“ genannt.